Schadenersatzpflicht bei einseitiger Festlegung von Bonuszielen durch Arbeitgeber?

BAG, Urteil vom 03.07.2024, Az. 10 AZR 171/23

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass ein Arbeitgeber sich schadenersatzpflichtig machen kann, wenn er nicht über eine Zielvereinbarung für das Erreichen von Bonuszielen mit dem Arbeitnehmer verhandelt, sondern diese einseitig festlegt.

In manchen Arbeitsverträgen sind neben festen Vergütungen auch variable Vergütungen für individuelle Leistungen vereinbart. Dies erfordert dann eine Festlegung der Zielbestimmungen, damit der Arbeitnehmer die Bonusziele erreichen kann.

Der Arbeitsvertrag eines „Development Director“ für das Ressort Schiffe (Containerschiffe / Hospitalschiffe / Hotelschiffe) von Februar 2020 mit einer Schiffsholding sah eine solche variable Vergütungsregelung vor. Die Tantieme und deren Höhe sollten vom Erreichen von Zielvorgaben abhängig sein, deren drei wesentliche Kriterien jedes Jahr, erstmals zum Ende der Probezeit, zwischen dem Mitarbeiter und der Gesellschaft vereinbart werden sollten.

Nach Ablauf der Probezeit im Juni 2020 kam es zu Unstimmigkeiten der Parteien. Eine Zielvereinbarung wurde – trotz Aufforderung des Arbeitnehmers – nicht verhandelt. Der Arbeitgeber übersandte dem Angestellten zwar Zielvorstellungen, diese hielt der „Development Director“ jedoch für unangemessen, so dass keine Einigung zustande kam. Denn auch der Gegenvorschlag des Arbeitnehmers wurde von dem Unternehmen abgelehnt.

Der Arbeitgeber entschloss sich anschließend dazu, die Ziele einfach einseitig nach ihrem Ermessen festzulegen. Denn in dem Arbeitsvertrag war festgeschrieben: „Sollten die drei Kriterien nicht zwischen dem Mitarbeiter und der Gesellschaft vereinbart werden, werden diese seitens der Gesellschaft nach billigem Ermessen vorgegeben."

Ende 2020 kündigte der „Development Director“ und verlangte noch Tantiemen in Höhe von ca. € 97.000,00 von seinem Arbeitgeber als Schadenersatz wegen der nicht zustande gekommenen Zielvereinbarungen.

Da eine freiwillige Zahlung nicht erfolgte, wurde Klage eingereicht. Diese war vor dem Arbeitsgericht in voller Höhe erfolgreich, wurde jedoch von dem Arbeitgeber in der Berufung angefochten. Das LAG wies dann einen Teil der Klage – in Höhe von ca. € 14.000,00 – ab und sprach dem Kläger immerhin noch über € 80.000,00 zu.

Der Arbeitgeber ging in Revision, hatte vor dem Bundesarbeitsgericht letztlich das Nachsehen. Die Richter entschieden, dass die Gesellschaft sich schadenersatzpflichtig gemacht habe, denn unstreitig sei keine Zielvereinbarung zwischen den Parteien zustande gekommen. Die Ersetzung durch einseitige Zielvorgaben durch den Arbeitgeber hielten die Bundesrichter für unzulässig.

Trotz des Umstands, dass keine Zielvorgaben abgeschlossen worden seien, habe dies die Holding nicht berechtigt, dem Kläger einseitig Ziele vorzugeben, so das BAG. Denn die Klausel des Arbeitsvertrags, der die einseitigen Zielvorgaben von der Arbeitgeberin erlaubte, halte einer AGB-Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB nicht stand. Die Regelung sei zwar transparent – was die Vorinstanz noch anders beurteilt hatte – benachteilige den Mitarbeiter aber unangemessen, weil durch sie die vertraglich vereinbarte Rangfolge von Zielvereinbarung und Zielvorgabe unterlaufen werde.

Zudem halte sie den Arbeitnehmer davon ab, die Ziele frei auszuhandeln. Damit habe das Unternehmen – trotz entsprechender Aufforderung des Angestellten – seine Pflicht aus dem Arbeitsvertrag, mit ihm Verhandlungen über eine Zielvereinbarung zu führen und eine solche abzuschließen, schuldhaft verletzt. Dieser Umstand gehe zu Lasten der Beklagten. Ein Verschulden treffe auch deshalb allein das Unternehmen, da es, im Widerspruch zu seiner schriftlichen Ankündigung im August 2020, dem Mitarbeiter keine Möglichkeit mehr gegeben habe, am Zustandekommen einer Zielvereinbarung mitzuwirken.

Diesen Artikel und weitere Steuernews lesen Sie in dem Mandantenbrief Oktober 2024.

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