LAG Köln, Urteil vom 11.07.2024, Az. 6 Sa 579/23
Das Landesarbeitsgericht Köln hat den Widerruf einer langjährigen Home-Office-Erlaubnis für unbillig erachtet, die verbunden ist mit der Versetzung des Arbeitnehmers an einen 500 km entfernten Arbeitsplatz.
Geklagt hatte ein Projektmanager, der für einen Automobilzulieferer tätig ist. Mit Einverständnis seiner Arbeitgeberin arbeitete dieser seit ca. drei Jahren zu 80 % im Home-Office und bei den Kunden des Automobilzulieferers. Gemäß seines Arbeitsvertrages bezog sich sein Einsatzort je nach Projekt jedoch auf die gesamte Unternehmensgruppe, die von verschiedenen Standorten aus in Deutschland operiert.
Im Zuge der Schließung seines „Heimatstandortes“ widerrief die Arbeitgeberin die Erlaubnis im Home-Office zu arbeiten und versetzte den Manager – hilfsweise per Änderungskündigung – an einen 500 km entfernten Standort.
Dies hielt der Angestellte für unzumutbar. Es sei ihm unmöglich, seinen Lebensmittelpunkt so kurzfristig zu verlagern und lehnte ab. Er bot jedoch an, weiterhin im Home-Office zu arbeiten.
Es kam zur gerichtlichen Auseinandersetzung. Sowohl das Arbeitsgericht in der ersten Instanz als nunmehr auch das Landesarbeitsgericht gaben der Klage gegen die Versetzung sowie gegen die hilfsweise ausgesprochene Änderungskündigung statt.
Die Richter urteilten, dass die Versetzung des Klägers von seinem Home-Office-Arbeitsplatz an den 500 km entfernten Präsenzarbeitsplatz die Grenzen des billigen Ermessens nach § 106 Gewerbeordnung (GewO), wonach ein Weisungsrecht des Arbeitgebers gegeben ist, überschritten sei. Der Widerruf der Home-Office-Erlaubnis sei nicht durch überwiegende sachliche Interessen der Arbeitgeberin gerechtfertigt.
Denn, so die Richter in der Begründung, der Kläger habe ein erhebliches Bestands- und Ortsinteresse, da er über Jahre hinweg im Home-Office gearbeitet habe und familiär, logistisch, im Freundeskreis gebunden sei.
Die Darlegung des Klägers, dass der Kontakt zu Kundinnen und Kunden zur Erfüllung dieser Aufgaben projektbezogen bei diesen vor Ort geschehe, und zwar überwiegend per Telefon und Computer, sei von der Beklagten nicht konkret bestritten worden. So sei nicht klar, welche Tätigkeiten anfielen, die eine Anwesenheit im Betrieb notwendig oder auch nur zielführend erschienen ließen.
Die hilfsweise ausgesprochene Änderungskündigung wurde als unwirksam erachtet. Sie sei nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse nach § 1 Abs. 2 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) bedingt. Eine unternehmerische Organisationsentscheidung hinsichtlich der Home-Office-Tätigkeit, die den Widerruf der Home-Office-Erlaubnis rechtfertigen könne, sei schon nach dem Vortrag der Arbeitgeberin nicht ersichtlich.
Ob die Entscheidung rechtskräftig ist, ist diesseits nicht bekannt.
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